Plochingen (red) – Vor rund einem Jahr eröffnete das Sozialunternehmen Neue Arbeit in Plochingen die Beratungsstelle „Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung“ (EUTB). Der Einzug in die Räumlichkeiten erfolgte im Mai 2018. Yvonne Rieger, Marion Zacharias, Nanette Peithmann und Andreas Walter haben seit Beginn vielen Hilfesuchenden mit Behinderungen oder Angehörigen von Menschen mit Behinderungen erfolgreich geholfen. Diese Hilfe wird zu allen Lebenslagen und nach speziellen Bedürfnissen angeboten. Das Beraterteam leistet dabei mehrheitlich Orientierungshilfe, damit die Betroffenen selbstbestimmt Entscheidungen treffen können. Dabei erfolgt die Beratung durch Menschen, die teilweise selbst eine Behinderung haben. Für die Hilfesuchenden entstehen dabei keine Kosten und die Beratungsstelle ist unabhängig von Trägern. Der Standort in Plochingen ist direkt am Bahnhof und daher auch gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Zusätzlich ist das Gebäude an der Eisenbahnstraße 42 barrierefrei, also gut zugänglich für Rollstuhlfahrer und Menschen mit Gehbehinderung. Die Beratungsstelle ist jeweils am Montag-, Dienstag-, Donnerstag- und Freitagvormittag von 9 bis 12 Uhr besetzt sowie zusätzlich am Donnerstagnachmittag von 14 bis 17 Uhr. Für viele Betroffene ist die EUTB zum Rettungsanker geworden, da sie bereits bei vielen anderen Einrichtungen abgeblitzt sind oder nicht die erwünschte Beratung bekommen haben. So zum Beispiel eine alleinerziehende Mama von zwei Kindern im Alter von fünf und acht Jahren. Der Junge ist schwerstbehindert und kann dadurch nichts selbständig erledigen. Die Tochter ist zwar körperlich fit, leidet aber an chronischem Diabetes und braucht beinahe rund um die Uhr medizinische Betreuung. Unterstützung aus der Familie gibt es nicht, da die kleine Familie vor kurzem zugezogen ist. Beide Kinder haben zwar einen Pflegegrad und einen Behindertenausweis, doch für die Mama war es eine große Belastung, ständig für die beiden da zu sein. Sie war bereits bei mehreren Stellen und hat Hilfe angefordert, doch immer wieder hieß es: „Dafür bin ich nicht zuständig“ oder „Warten Sie doch erst mal ab“. Doch bei dieser körperlichen und psychischen Belastung gab es kein Abwarten mehr. Erst bei der EUTB kam ein wenig Struktur rein. „Da wurde ich ernst genommen und man hat mir zugehört“, berichtet die Alleinerziehende erleichtert. Ihre Erfahrungen waren bisher negativ. „Immer wieder wurden Steine zwischen die Füße geworfen und viel zu rasch hieß es, das zahlt doch sowieso keiner.“ Erste Anregungen, was man alles machen kann, bekam die alleinerziehende Mutter von den Beratern der EUTB. „Anfänglich war ich skeptisch und vermutete erneut, viel Lärm um nichts.“ Doch nun hat die junge Mutter eine Perspektive, fasst neuen Lebensmut und tritt dem Berg voller Probleme, der sich immer wieder auftürmt, mit neuer Kraft entgegen.
Existenzielle Frage
Fast an den Rand des Ruins ist eine Psychologie-Studentin getrieben worden, die im Leben durch eine immunologische Erkrankung deutlich eingeschränkt ist. Sie war vorher bei sieben verschiedenen Stellen, um sich Hilfe und Unterstützung zu holen, meist ohne Erfolg. Da man die Behinderung äußerlich nicht erkennen kann, hieß es dann oft: „Was wollen sie hier, ihnen geht es doch gut. “Dabei hätte sich die Studentin nur jemanden gewünscht, der sie an die Hand nimmt und Verantwortung zeigt. „Ich dache immer, ich bin ein Exot“, seufzt sie und freut sich, dass sie bei der EUTB-Beratungsstelle endlich ernst genommen und nicht mit Informationen abgespeist wird. „Wir haben gemeinsam Lösungen gefunden und sogar mein Pflegegrad konnte eruiert werden.“ Ein positives Erlebnis gab es für die junge Studentin erst kürzlich: Da sie wegen ihrer Erkrankung keine Temperaturschwankungen erträgt, musste eine Klimaanlage in ihre Wohnung eingebaut werden. Einen großen Teil dieser Kosten konnte durch die Weihnachtsspendenaktion der Esslinger Zeitung finanziert werden. Als der Handwerker vom Leid der Studentin erfuhr, verzichtete dieser auf die Rechnung für die Einbaukosten. Sie schätzt die Beratung der EUTB sehr: „Man ist auf einer Ebene mit der Beraterin und die wertvolle Vernetzung zu anderen Stellen ist sehr nützlich. Die Psychologiestudentin empfiehlt Menschen mit Behinderungen, Mut zu haben und Unterstützung zu suchen. „Das gibt Lebensmut durch Perspektiven, man bekommt Halt und Sicherheit und erkennt neue Wege im Leben.“
Info
Die gergänzende unabhängige Teilhabeberatung ist ein Beratungsangebot des Sozialunternehmens Neue Arbeit GmbH, gefördert durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf der gesetzligen Grundlage des BTHG.
Erreichbar ist die Beratungsstelle telefonisch unter: 07153 – 616 61 05 oder per Email: teilhabeberatung-es@neuearbeit.de
Auf dem Bild sind die Berater Yvonne Rieger, Marion Zacharias und Andreas Walter (von links) zu sehen.